Letzte Woche haben wir an dieser Stelle einen Blick auf das Hype-Thema schlechthin geworfen: künstliche Intelligenz (KI) und wo sie im e-Commerce-Bereich Anwendung finden wird. Doch auch die vermeintlich langweiligen Themen sind nicht weniger wichtig! Diese Woche werfen wir einen intensiven Blick auf ein anderes Trend-Thema für 2025: Accessibility. Comsysto Reply realisiert seit über 15 Jahren komplexe e-Commerce-Lösungen für Kunden aus allen Branchen. Parallel dazu verfolgen und analysieren wir relevante Trends in unserem e-Commerce Lab, um schon heute bereit für die Herausforderungen von morgen zu sein. Unsere Insights teilen wir hier - jede Woche dienstags!
Frisch aus den Nachrichten: Es geht aufwärts in Deutschland - ja, wirklich!
Trotz der generell sehr verhaltenen Prognosen für die deutsche Wirtschaft erwarten wir in 2025 endlich wieder Wachstum im Online-Handel. Der Präsident des Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) Gero Furchheim sieht den e-Commerce “wieder im Plus, obwohl die schlechte Konsumstimmung in Deutschland anhält“ und erwartet ein „mittelfristig verstärktes Wachstum“ (Süddeutsche Zeitung) für die kommenden Jahre.
Getrieben wird dieses Wachstum insbesondere von Online-Marktplätzen, aber dazu mehr beim nächsten Mal. Die heutige Ausgabe steht ganz im Zeichen der Accessibility.
Accessibility - warum gerade jetzt?
Der 28. Juni 2025 ist die wichtigste Deadline des European Accessibility Acts (EAA), der 2021 verabschiedet wurde. Damit ist klar: spätestens jetzt ist der Moment, um das Thema für den eigenen Online-Shop endlich anzugehen. Denn nach Ablauf dieses Datums sind Nutzer dazu berechtigt, Beschwerden bei offiziellen Stellen einzureichen - es drohen empfindliche Bußgelder.
Welche Standards gibt es überhaupt zu beachten?
In der Europäischen Union sind verschiedene länderspezifische Standards zu beachten, in Deutschland regelt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Bundesfachstelle Barrierefreiheit) die Vorgaben. Grundsätzlich basieren die meisten dieser Gesetze auf dem WCAG 2.1 Standard (W3C). Die erweiterte Variante WCAG 2.2 (W3C) ergänzt den Vorgänger um 9 weitere Erfolgsfaktoren, z.B. die verbesserte Navigierbarkeit (W3C). Diese Ergänzungen sind zwar voraussichtlich nicht sofort ab Juni 2025 bindend, aber es lohnt sich direkt die aktuelle Version zu berücksichtigen - diese ist komplett abwärtskompatibel und erfüllt damit definitiv auch WCAG 2.1.
Sind wir darauf vorbereitet?
Manche ja, andere weniger… Dass hier generell noch Handlungsbedarf besteht, hat beispielsweise der Aktion Mensch e.V. in einer Studie untersucht. Nur 21% der untersuchten Online-Shops waren alleine über die Tastatur und damit ohne Maus bedienbar. (Aktion Mensch e.V.)
Wer das Web-Frontend einer modernen e-Commerce-Lösung nutzt, hat gute Karten, da diese meistens schon jetzt WCAG 2.1-Standard-konform sind (z.B. Shopify oder Shopware). Aber auch bei professionell entwickelten Individual–Lösungen sind selten böse Überraschungen zu erwarten. Accessibility gilt schon seit Jahren als eine essentielle nicht-funktionale Anforderung an jedes Frontend. Schwierig wird es vor allem für Betreiber stark veralteter Systeme. Hier lohnt sich definitiv ein genauerer Blick.
SEO - der beliebtere Freund der Barrierefreiheit
Und dabei geht es längst nicht nur um Compliance und Barrierefreiheit! Generell lautet die Devise: was leicht von allen Menschen verstanden werden kann, das ist auch gut verständlich für Suchmaschinen und damit natürlich förderlich für das Page-Ranking bei Google & Co. (Friedrich-Alexander-Universität)
Wie stark dieser Einfluss tatsächlich ist, das bleibt umstritten. Unter anderem in diesem viel zitierten Video von Google Search Central mit John Mueller werden verschiedene tiefere Einblicke dazu geteilt. Klar ist aber: Es zahlt sich definitiv nicht nur an einer Front aus, in ein gut strukturiertes und damit lesbares Web-Frontend zu investieren.
Die Barrierefreiheit einer Seite auf einen Blick
Die gute Nachricht für alle, die sich bezüglich der Accessibility ihres aktuellen Online-Shops unsicher sind: Die ersten Schritt sind denkbar einfach. Oft reicht schon Google Lighthouse völlig aus, um einen ersten Eindruck zu gewinnen. Und für eine gründlichere Analyse gibt es stärker spezialisierte Tools wie beispielsweise Axe.

Wer hier aus technischer Sicht tiefer einsteigen möchte, findet mehr dazu in unserem Engineering Blog Artikel von Norman Steger.
Das war’s für heute - und so geht es weiter
Wir kratzen hier nach wie vor nur an der Oberfläche, aber schon damit wird deutlich: das Thema Accessibility wird in 2025 nicht komplett an uns vorbeigehen. Kleine Zusatz-Motivation: Davon profitieren nicht nur Personen, die generell auf Barrierefreiheit angewiesen sind - sondern auch Nutzer mit situativen Einschränkungen, beispielsweise in lauten Räumen oder mit fehlenden Eingabemöglichkeiten. Und das ist definitiv gut für die Conversion…
Noch nicht genug vom Thema? Einen guten Einstieg bietet die Webinar-Serie “BFSG 2025 E-Commerce” der Bundesfachstelle Barrierefreiheit. An dieser Stelle geht es nächste Woche weiter zum nächsten Trend für 2025: Marktplätze und Chancen durch die Integration von Partnern in die eigene e-Commerce-Landschaft.
Bis nächste Woche!
Christian & das Comsysto Reply e-Commerce Lab